Folgen von Gewalt

Gewalt zu erleben oder erlebt zu haben, vor allem durch nahestehende Menschen wie z.B. aus der Familie, hinterlässt oft tiefe Spuren in einer Person.

Menschen, die Gewalt oder Vernachlässigung erfahren haben, fühlen sich oft nicht liebenswert, nicht geliebt und nicht beachtet.

Sie haben Angst, verlassen zu werden und haben Schwierigkeiten, anderen Menschen zu vertrauen.

Manche empfinden ihr Leben auch wie durch einen dunklen Schleier oder so, als würde etwas fehlen, was nicht greifbar ist.

Viele fühlen sich schuldig für das, was ihnen angetan wurde und schämen sich dafür. Diese Gefühle sind normal! Sie bedeuten nicht, dass die Betroffenen selbst schuldig sind oder etwas Falsches gemacht haben!

 

Die Reaktionen von Menschen auf schlimme Erfahrungen können sehr unterschiedlich sein

Mädchen mit langen lockigen Haaren guckt in die Ferne

Manche ziehen sich zurück, möchten keinen Kontakt zu anderen Menschen haben und haben oft Angst, enttäuscht zu werden.

Andere sind leicht reizbar, reagieren schnell aggressiv und rasten ohne ersichtlichen Grund aus. Oder sie sind selbst gewalttätig und haben Schwierigkeiten, Konflikte ohne Gewalt zu lösen.

Besonders Mädchen und Frauen richten ihre Aggression oder Hilflosigkeit eher gegen sich selbst, indem sie sich selbst verletzen, sich selbst abwerten oder sich nichts Schönes mehr gönnen. Auch früheren Interessen gehen sie häufig nicht mehr nach.

Gewalterfahrungen führen oft dazu, dass die Betroffenen sich schlecht auf Alltägliches, wie zum Beispiel die Schule, konzentrieren können, weil sie immer wieder an das Erlebte denken müssen oder zwanghaft versuchen, nicht daran zu denken.

Es kann auch dazu führen, dass sie sich wie „getrieben“ oder „wie auf der Flucht“ verhalten. Sie kommen nicht gut zur Ruhe oder es fällt ihnen schwer, Ruhe auszuhalten.

Manche Betroffene versuchen das Erlebte auch damit zu bewältigen, dass sie sich sehr intensiv auf ein bestimmtes Thema konzentrieren wie z.B. Ernährung, Schönheit, ein Hobby oder eine Sportart.

Oder, dass sie sich über intensiven Serienkonsum in eine andere Welt „beamen“ oder auch Drogen oder Alkohol dafür benutzen. Diese Versuche, sich eine Art „Schutzrealität/Scheinrealität“ zu schaffen, sind verständlich aber ungesund und gefährlich.

 

Wenn Kinder und Jugendliche sexualisierte Gewalt durch Eltern oder andere Bezugspersonen erlebt haben, ist es besonders schwer, das Erlebte zu verarbeiten.

Es ist normal und gleichzeitig sehr schwierig, wenn man gegenüber dem Täter/der Täterin nicht nur negative Gefühle hat.

Beispielsweise kann ein Vater, der sexuell missbraucht oder in der Vergangenheit missbraucht hat, gleichzeitig ein Vater sein, mit dem die Kinder und Jugendlichen auch positive Erfahrungen verbinden.

Es kann sogar sein, dass positive und gewaltvolle Erfahrungen miteinander verknüpft sind oder in zeitlich engem Zusammenhang stehen. Dies führt meist zu sehr verwirrenden Gefühlen und Gedanken und zu tiefer Verunsicherung.

Das liegt dann daran, dass Kinder und Jugendliche zwar die sexualisierte Gewalt ablehnen, aber gleichzeitig an den Täter emotional tief gebunden sind.

Mädchen mit Kopftuch, von hinten fotografiert

Es kann auch dazu führen, dass Erwachsene, oder auch Jugendliche, die als Kinder sexualisierte Gewalt erlebt haben, ihren späteren Erinnerungen daran nicht trauen (möchten). Oft können sie nicht annehmen, dass sie Hilfe benötigen und verdient haben.

Nicht die Reaktionen der betroffenen Kinder und Jugendlichen sind gestört, sondern das gewalttätige Verhalten der Bezugsperson ist gestört und erschüttert damit das natürliche Vertrauen der Kinder und Jugendlichen in die Menschen und in die Welt.

Viele Menschen versuchen zu verdrängen, was sie erlebt haben. Um nicht mehr darüber nachdenken zu müssen, reden sie nicht darüber, was ihnen passiert ist.

Viele Personen, die über lange Zeit z.B. während ihrer Kindheit Gewalt erlebt haben, halten diese für normal und es fühlt sich für sie vertraut an, so behandelt zu werden.

Manchen Betroffenen ist auch bewusst, dass das Erlebte ein großes Unrecht an ihnen war. Sie möchten aber vielleicht die Täter*innen/Bezugspersonen nicht belasten, nicht konfrontieren oder das Bild „von einer normalen Kindheit“ nicht gefährden.

Welche individuellen Folgen und Auswirkungen Gewalterfahrungen haben, hängt viel davon ab, wie lange jemand dieser Gewalt ausgesetzt war und als wie traumatisch sie erlebt wurde.

Es kommt auch darauf an, welche Unterstützung, Hilfe und Trost Betroffene erhalten oder eben nicht erhalten haben, um sich wieder sicher und geborgen zu fühlen.

Wichtig ist zu wissen: Auch Hilfe und Aufarbeitung zu einem viel späteren Zeitpunkt im Leben kann noch zur Heilung führen und dazu beitragen, „sich wertvoll zu fühlen“!

In eine Beratungsstelle zu gehen kann auch ein guter Schritt sein, um erste oder weiterführende Hilfe zu bekommen und „das Schweigen zu brechen“.

Das ist uns wichtig:

Wenn du unter den Folgen von erlebter Gewalt leidest, bist du damit nicht allein!

Du kannst Unterstützung und Hilfe bekommen, damit du dich wieder gesünder und wohler fühlen kannst.

Du hast ein Recht auf Wohlbefinden und ein gewaltfreies Leben.

Du hast ein Recht darauf, dich wertvoll zu fühlen und beschützt zu werden.

Was kannst du tun?

  • Such dir einen Menschen deines Vertrauens (z.B. eine Verwandte, eine*n Schulsozialarbeiter*in, die Mutter einer Freundin), um alles zu besprechen und gemeinsam nach Wegen zu suchen, wie es dir wieder bessergehen kann.
  • Du kannst uns anrufen, eine Mail schreiben oder persönlich kommen.
  • Du rufst eine der Notrufnummern an und erzählst am Telefon, wie es dir geht. Dann bekommst du am Telefon Unterstützung.

Was auch immer dir passiert ist, wir unterstützen dich und sind für dich da!