Digitale sexualisierte Gewalt

Sexualisierte Gewalt kann nicht nur in der Stadt, im Club, im Schwimmbad und an vielen anderen Orten stattfinden, sondern auch im Internet über Apps wie WhatsApp, Snapchat, Instagram oder TikTok. Man nennt diese Gewalt dann auch digitale sexualisierte Gewalt oder auch manchmal mediatisierte sexualisierte Gewalt.

Was genau ist eigentlich alles digitale sexualisierte Gewalt?

Zu sexualisierter Gewalt im Internet gehören zum Beispiel:

  • Cybergrooming: Die Anbahnung sexueller Kontakte mit Minderjährigen im Internet durch Erwachsene, die sich als Gleichaltrige ausgeben.
  • Das Weiterleiten von Bildern ohne Einwilligung. Zum Beispiel in Form von sogenannten Revenge-Porn (Rache-Pornos). Expartner*innen veröffentlichen nach dem Ende einer Beziehung erotische Bilder oder Videos ohne das Einverständnis der abgebildeten Person, um sich an dieser zu rächen.
  • Das Ungefragtes Teilen von pornografischen Bildern. Zum Beispiel Dickpics (Penisbilder) oder (Kinder-)Pornografie.
  • Sextortion: Täter*innen erpressen Betroffene mit der Veröffentlichung häufig heimlich aufgenommener intimer Fotos oder Videos. Um dies zu verhindern sollen Betroffene Geld zahlen oder sexuellen Handlungen erbringen.
  • Digitales Slutshaming. Das bedeutet die Abwertung von Mädchen auf Grund ihres Verhaltens, ihrer Kleidung oder ihrer sexuellen Aktivität im Internet z.B. durch Kommentare, private Nachrichten, Videos etc.
  • Sexuelle Belästigung, Anmachen und Beleidigungen z.B. in Form von privaten Nachrichten, öffentlichen Kommentaren etc.

Digitale sexualisierte Gewalt ist Gewalt ohne Körperkontakt. Es kann aber auch passieren, dass z.B. durch Cybergrooming Kontakt im Internet angebahnt wird, um sich persönlich zu treffen. Das heißt der Täter bereitet den sexuellen Missbrauch über das Internet vor.

Sexualisierte digitale Gewalt ist verboten– egal wie alt du bist!

Mädchen mit Smartphone

2021 wurde eine Reform des Sexualstrafrechts verabschiedet, seit dem ist sexualisierte Gewalt im Internet klarer definiert und teilweise auch mit höheren Strafen belegt.

Sowohl online als auch offline spielt das Alter der beteiligten Personen eine wichtige Rolle. Es gibt nämlich eine sogenannte Schutzaltersgrenze. Die Schutzaltersgrenze besagt, dass alle sexuellen Handlungen mit, vor oder an unter 14-Jährigen strafbar sind. Egal wo, also auch im Internet. Während es offline die Regel gibt, dass sexuelle Kontakte mit einer unter 14-Jährigen Person unter Umständen nicht strafbar sind, wenn Unterschied im Alter und Entwicklungsstand gering sind. Das heißt, wenn nicht davon ausgegangen werden kann, dass die unter 14jährige Person zu etwas gedrängt wurde, was sie selber nicht einschätzen konnte und der Kontakt einvernehmlich war. Für den digitalen Bereich gibt es diese Ausnahme nicht. Das heißt, dass schon der Besitz von Bildern, die Kinder unter 14 Jahren in sexualisierter Weise zeigen, eine Straftat darstellt.

Aber auch, wenn ein Mädchen älter als 14 Jahre ist, ist sexualisierte digitale Gewalt verboten und strafbar. Deshalb ist es wichtig, dass Mädchen wissen, dass sie ein Recht haben sich gegen sexualisierte digitale Gewalt zu wehren!

Die Verantwortung für sexualisierte Gewalt liegt immer beim Täter – Kein Mädchen ist schuldig oder mitschuldig

Vielleicht hast du selber schonmal digitale sexualisierte Gewalt erlebt? Zum Beispiel über einen Messenger wie WhatsApp oder Telegram, über Social Media wie Instagram, Snapchat und TikTok oder über die Chatfunktion bei Online-Games. Die Täter können Gleichaltrige sein, die du kennst oder unbekannte (vielleicht auch ältere) Männer.

Mädchen im Rollstuhl mit Smartphone in der Hand

Wenn Mädchen sexualisierte Gewalt im Internet erleben fühlen sie sich häufig selbst schuldig, schämen sich und fragen sich „Was soll ich jetzt machen?“ .Diese Gefühle sind normal, wichtig ist aber: Du hast keine Schuld. Die Verantwortung für sexualisierte Gewalt liegt immer beim Täter – auch bei digitaler sexualisierter Gewalt. Eigentlich müsste der Täter sich schuldig fühlen oder schämen. Häufig redet der Täter dem Mädchen oder der jungen Frau aber sogar ein, dass sie Schuld an der Gewalt hat, z.B. weil sie Bilder oder Videos selber erstellt hat, sich angeblich falsch verhalten hat oder sich zu etwas hat drängen lassen, was sie eigentlich nicht wollte. Manche Täter machen Mädchen auch vor ihre große Liebe zu sein oder sie drohen dem Mädchen. All das sind Strategien der Täter, damit Mädchen oder junge Frauen eingeschüchtert werden und sich nicht trauen anderen von der Gewalt zu erzählen.

Egal was passiert ist, es gibt immer Möglichkeiten, Hilfe zu bekommen.

Vielleicht kennst du das und hast sowas auch schon erlebt? Dann ist es wichtig, dass du weißt: Du darfst dir Hilfe holen! Egal was passiert ist, es gibt immer Möglichkeiten, Hilfe zu bekommen.

An erster Stelle dabei steht, dass Du unterstützt wirst, dass jemand auf Deiner Seite ist und alles gut mit Dir zusammen überlegt und bespricht. Es ist wichtig, dass diese Person verschwiegen ist und nicht alles herumerzählt. Es gibt spezialisierte Beratungsstellen für betroffene von sexualisierter Gewalt, dort kannst du dich auch melden, wenn du digitale sexualisierte Gewalt erlebt hast. Wir als Mädchenhaus Bielefeld haben eine Beratungsstelle, an die Du Dich per Mail, telefonisch oder persönlich wenden kannst. Gemeinsam mit einer Beraterin kannst du darüber sprechen, wie es dir geht und was du nun machen kannst. Die Beraterin kann dir auch weiterhelfen, wenn du eine Anzeige erstatten möchtest und dich dabei unterstützen.  

Wir sind für dich da und unterstützen dich!

Cybergrooming ist nach Paragraph 176b im Strafgesetzbuch als Vorbereitung des sexuellen Missbrauchs an Kindern strafbar und kann mit einer Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren bestraft werden. Auch allein der Versuch von Cybergrooming stellt bereits eine Straftat dar.

Dickpics zu verschicken ist eine Form von digitaler sexueller Belästigung und laut Paragraph 184 im Strafgesetzbuch (Verbreitung pornografischer Schriften). Das ungefragte Versenden von Dickpics kann mit einer Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr oder mit einer Geldstrafe geahndet werden.

Revenge Porn fällt unter den Straftatbestand Cyberstalking. Seit dem 1. Oktober 2021 gilt: Wer Bilder einer anderen Person, eines ihrer Angehörigen oder einer anderen ihr nahestehenden Person verbreitet, dem droht eine Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder eine Geldstrafe. Wenn die betroffene Person noch unter 16 Jahre alt und der oder die Täter*in bereits über 21 Jahre alt ist kann sogar eine Strafe von bis zu 5 Jahren Gefängnis verhängt werden.

Auch andere Formen digitaler sexualisierter Gewalt wie Sextortion, Beleidigungen oder sexuelle Belästigungen im Internet sind verboten und können Straftaten darstellen.